„Velue“ ist der altertümliche Name der kleinen Weinviertler Gemeinde Velm-Götzendorf – der Heimat Johannes Zillingers. Unter der Bezeichnung führt der biodynamische Winzer seine „Basislinie“, bei der für ihn die authentische Rebsortentypizität nebst unverkopftem Trinkvergnügen im Vordergrund stehen. Wobei man hierbei getrost deutlich mehr erwarten darf als das gewöhnliche „easy drinking“ respektive die seichten Duftwässerchen, zu denen der Gelbe Muskateller oftmals verkommt. Denn auch hier geht Zillinger nach allen Low-Intervention-Regeln der Naturweinkunst vor und füllt den Wein vollkommen unfiltriert und unbehandelt ab.95 % des Leseguts gönnt er eine lange Maischstandzeit, 5 % vergären in der Amphore. Beides zusammen wird schonend abgepresst, gärt spontan durch bis auf 1 Gramm Restzucker pro Liter, durchläuft dann spontan die malolaktische Gärung und darf schlussendlich noch für ganze fünf Monate mit Batonnage auf der Vollhefe reifen. Etwas weniger als 11 % Alkohol kommen so auf die Flasche, aber durchaus mit Substanz und Charakter. Im Bukett gelbe Frucht mit etwas Kumquat und auch Kiwi, Jasmintee, Kräutern und einem Hauch Flieder. Im Mund saftig mit feinem Säurenerv und einem leicht herben Einschlag, der an Grapefruit erinnert. Man schmeckt hier wenig vom Naturweincharakter, aber dennoch viel Ausdruck. Ein idealer, novizentauglicher Einstieg in die wunderbare Welt der Naturweine.
Yook vom vinocentral-Team, August 2023
Sauvignon Blanc ist in Österreich keine Modeerscheinung wie in vielen anderen Ländern, sondern wurde dort bereits im 19. Jahrhundert eingeführt. Im Ried Lissen stehen die Sauvignon-Reben von Johannes Zillinger mit rund 25 Lenzen auf dem Buckel in einem nach Norden ausgerichteten Hang auf Lehm und Kalksandstein. Der kühle Charakter dieser Lage kommt der bisweilen etwas hysterischen Rebsorte durchaus zugute, weil sie hier etwas gemächlicher ausreifen kann. Dementsprechend reif und entspannt ist die Sauvignon-Aromatik im Bukett, gelbfruchtig mit viel Maracuja, aber auch Cassis- und Kräuternoten – ganz ohne grüne Paprika. Im Mund kommt der Wein mit seinen 12 % Alkohol zunächst sehr leichtfüßig daher, breitet sich aber dann mit seiner dichten Würze und seiner feinen Tanninstruktur durchaus voluminös und kraftvoll im Rachen aus, eher er sich wieder auf ein schlankes, kühles und mineralisches Finish mit feiner Säure zurückzieht. Im Ausbau ging Zillinger hier wie bei allen Weinen aus seiner Reflexion-Serie dieses Jahrgangs vor: Lange Maischestandzeit (90 %) plus Amphorengärung für sieben Tage (10 %), danach beides wieder vereint, langsame, schonende Pressung über acht Stunden, spontane alkoholische Gärung mit zugesetzten ganzen Beeren und anschließend spontane malolaktische Gärung. Fünf Monate reift der Wein dann auf der Vollhefe mit Batonnage (50 % im Stahltank, 50 % im Akazienfass). Nicht zuletzt diesem doch recht aufwendigen Prozedere und einem zum perfekten Zeitpunkt gelesenen Traubenmaterial verdankt der Wein seine Vielschichtigkeit, Harmonie und innere Ruhe. Ein Sauvignon Blanc, den man blind sicherlich auch einem Spitzenerzeuger an der Loire zuordnen könnte. Ein Hochgenuss!
Yook vom vinocentral-Team, August 2020
„Numen“ bezeichnet für Johannes Zillinger „das metaphysische Wirken, das der Mensch nicht beeinflussen kann“. Man ahnt es bereits, dass es hier um Naturwein im engeren Sinn geht. Die Trauben stammen von über 40 Jahre alten Reben auf Kalksandstein in einer nordöstlich ausgerichteten Kessellage. Sie wurden sehr sorgsam von Hand gelesen, denn für das Gärverfahren, das Zillinger hier anwendet, müssen diese vollkommen intakt sein. Bei der sogenannten intrazellulären Gärung findet diese nämlich nicht in Maische oder Most statt, sondern innerhalb der Beeren, die noch komplett am Stilgerüst hängen. Anschließend wurden diese sanft abgepresst und der Wein für über ein Jahr auf der Vollhefe gelagert – ohne jeglichen Eingriff. Danach wurde er ohne jegliche Filtration oder Behandlung abgefüllt. Auch dies ist nur möglich, wenn das Lesegut absolut gesund ist, und erfordert großes handwerkliches Können vom Winzer. – Das sei an dieser Stelle noch mal betont, da bei vielen Konsumenten noch immer die Meinung vorherrscht, Naturwein sei gewissermaßen Punk. Guter Naturwein wie dieser ist das Gegenteil davon.
Im Glas zeigt sich dann letztlich ein so eigenwilliger wie faszinierend klarer Riesling, wie er auf konventionellem Weg nie entstehen könnte. Im Bukett vollreifes Steinobst, insbesondere Aprikosen, daneben Kräuter und eine tiefgründige kalkig-rauchige Würze. Im Mund ist der Wein einerseits sehr schlank, dicht und fokussiert mit straffen Tanninen, andererseits sehr schmelzig und harmonisch mit einer fein ausbalancierten Säure, kreidiger Mineralität und schöner Länge. Ein großartiges Weinerlebnis, das allen Naturweinkritiker*innen im Handstreich den Wind aus den Segeln nehmen dürfte …
Yook & Neser vom vinocentral-Team, Januar 2024
Verkostungsnotiz des Jahrgangs 2019:
Den Begriff „Numen“ hat Johannes Zillinger aus der religiösen Metaphysik entlehnt und bezeichnet damit seine Serie von Naturweine im engsten Sinne, die er ohne jegliche Eingriffe im Keller durch die ihnen innewohnenden natürlichen (ja, vielleicht sogar „göttlichen“) Kräfte entstehen lässt und vollkommen naturbelassen abfüllt. Diese Kräfte scheinen jedenfalls ganze Arbeit zu leisten. Der Weinführer Gault Millau in Österreich bezeichnete Zillingers Numen-Weine bereits 2015 als „zum Niederknien“ und wählte in seiner Ausgabe für 2020 den 2017 Sauvignon Blanc Numen Fumé Blanc zum „besten alternativen Wein Österreichs“. Diesen Ritterschlag muss man vor dem Hintergrund würdigen, dass die österreichische alternative Weinszene seit vielen Jahren nicht gerade arm an international renommierten Spitzenerzeugern ist. (Da herrscht in Deutschland noch Aufholbedarf).
Die biodynamisch erzeugten Sauvignon-Trauben stammen von über 40 Jahre alten Reben, die auf reinsten Kalksandsteinböden stehen. Sie wurden zu 100 % in alten Tonamphoren intrazellulär vergoren, also als komplett intakte Trauben. Danach wurde nur sehr schonend angepresst und der Wein für 14 Monate ohne jegliche Eingriffe in 600-l-Fässern aus Akazie und Eiche auf der Vollhefe belassen – anschließend ebenfalls komplett unbehandelt abgefüllt. Das ist Winzerkunst auf dem allerhöchsten Niveau!
Der Wein ist überaus lebendig und verändert sich auch im Glas ständig. Insofern ist eine Beschreibung der Aromen hier nur eine Momentaufnahme: Im Bukett üppige Maracujafrucht, unterlegt von kräutrigen und – wie die Bezeichnung „Fumé“ bereits verrät – rauchigen Noten. Im Mund entfaltet der Wein eine unglaublich dichte Würze und immensen Druck. Die Säure ist fein ausbalanciert und ruht auf einer straffen, kreidigen Mineralität. Das alles wirkt durchaus wild und ungeschminkt, gleichzeitig delikat, finessenreich und vielschichtig. Ein wirklich großer, überraschend andersartiger Wein. Velm-Götzendorf liegt – wenn auch annähernd auf der gleichen geografischen Breite – weit über 1.000 km östlich von den französischen Sauvignon-Hochburgen Sancerre und Pouilly-Fumé, im allgemein eher mäßig beleumundeten Weinviertler Nirgendwo. Dieser außergewöhnliche Wein von Johannes Zillinger würde aber auch einem französischem Spitzenerzeuger zur allerhöchsten Ehre gereichen.
Yook & Neser vom vinocentral-Team, Oktober 2021
In seiner Weinlinie „Revolution“ geht es Johannes Zillinger nicht um die Besonderheiten von Rebsorten und Jahrgängen, sondern um einen durch das sogenannte Solera-Verfahren geprägten, gleichbleibenden Weinstil. Und dafür zieht er alle Register der Weinbereitung, die sich mit dem Naturwein-Gedanken vereinbaren lassen. In der Abfüllung des Jahres 2020 setzt sich der Wein folgendermaßen zusammen: 50 % Chardonnay, 25 % Scheurebe, 25 % Riesling. Die Trauben stammen von 25-40 Jahre alten Reben von Löss- und Kalksandstein. Die einzelnen Cuvéepartner setzen sich wiederum aus unterschiedlichen Jahrgängen und Ausbauverfahren zusammen. Chardonnay 2019: Sieben Tage Maischegärung in Amphoren und in 1000-l-Fässern gereift für Struktur und Textur; Scheurebe 2016 - 2018: auf den Beeren angegoren und im 600-l-Fässern gereift für Frucht und Frische; Riesling 2013-2018 (kleine Anteile vom NUMEN-Riesling) im Solera-Verfahren in 600-l-Fässern gereift für den eigentlichen Charakter.
Das Solera-Verfahren stammt übrigens aus der Sherry-Herstellung. Vereinfacht gesagt werden dabei mehrere Fassreihen übereinander gelagert. Aus der unteren Reihe wird immer nur ein gewisser Anteil entnommen und auf die Flasche gefüllt und diese Fehlmenge, dann aus den jeweils darüberliegenden Fassreihen wieder ergänzt. Zuletzt wird die Fehlmenge in der obersten Fassreihe mit jungem Wein nachgefüllt. Danach reift das Ganze wieder weiter bis zur nächsten Entnahme. Theoretisch lässt sich das endlos fortsetzen, wobei der Wein sich über die Jahre aus immer mehr verschiedenen Jahrgängen zusammensetzt, dabei einerseits eine annähernd gleichbleibende Qualität, aber auch immer höhere Komplexität erreicht.
Das Ergebnis bei Johannes Zillinger ist ein faszinierender, enorm vielschichtiger Wein: Im Bukett hellgelbe Früchte, Zitronen und Limetten, aber auch mürber gelber Apfel sowie rauchige und steinige Anklänge, zwischen denen die Aromen der Scheurebe dezent durchscheinen – und das sind nur die Glanzlichter des aromatischen Feuerwerks, das sich hier entfaltet. Am Gaumen ist der Wein vielschichtig, dicht, druckvoll. Einerseits sehr frisch, andererseits reif mit feinem Schmelz. Unbeschreiblich komplex – und erstaunlicherweise zugleich sehr klar und zugänglich. So macht Revolution einfach großen Spaß!
Yook & Neser vom vinocentral-Team, Mai 2024
Yooks Naturwein-Paket widmet sich drei Weinen des Winzers Johannes Zillinger aus dem österreichischen Weinviertel. Seit über 35 Jahren arbeitet das Weingut biologisch, längst auch biodynamisch, und sorgt mit seinen sehr eigenständigen naturbelassenen Weinen immer wieder für Furore – beispielsweise mit dem Sauvignon Blanc NUMEN Fumé blanc, der Teil dieser Verkostung sein wird und vom österreichischen Gault-Millau zum „Alternativen Wein des Jahres 2020“ gekürt wurde. Gerade in der Alpenrepublik, in der die Naturweinszene sehr viel agiler ist als in Deutschland, hat so eine Bewertung durchaus Gewicht. Johannes Zillingers Weine sind übrigens durchweg von großer Harmonie geprägt und deshalb erfahrungsgemäß gerade auch Weinfreund*innen zugänglich, die sich mit dem Thema Naturwein vielleicht noch etwas schwertun. Aber auch ausgemachte Natural-Freaks kommen hier selbstverständlich voll auf ihre Kosten.
Passend zum Wein-Paket gab es im Juni 2021 auf dem vinocentral-YouTube-Kanal einen Livestream mit den vinocentral-Mitarbeiter*innen Geunhye Yook und Alexander Marschall. Wer Lust hat, auch nachträglich mit ihnen gemeinsam die drei Naturweine zu probieren, kann sich hier die Aufzeichnung ansehen:
vinocentral-Livestream 3 Gläser: Naturwein Part IIIMit Geunhye Yook & Alexander Marschall, Mit einem Klick zum Livestream
Inhalt von Weinpaket und Gespräch sind folgende Weine:
VELUE Muskateller bio demeter 2020, Johannes ZillingerREFLEXION Grüner Veltliner bio demeter 2018, Johannes ZillingerNUMEN Fumé blanc bio demeter 2019, Johannes Zillinger
Dass Rosé auch als Naturwein ein Vergnügen ist, zeigt Johannes Zillinger mit seinem REVOLUTION Pink Solera. Dafür hat der Österreicher die drei Rebsorten Roesler, St. Laurent und Syrah in Amphoren vergoren und im anspruchsvollen Solera-Verfahren zu einer Cuvée zusammengeführt. Rosé-Trinkspaß völlig neu definiert!
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Verkostungsnotiz des Jahrgangs 2019:
Im Bukett dunkle gelbe Früchte, herbwürziger Mostapfel und ein Hauch weißer Pfeffer sowie etwas Kerbel und Estragon. Im Mund zeigt sich der Wein zunächst durchaus körperreich, dicht, rund und harmonisch, zieht sich dann aber in faszinierender Weise auf einen fast minimalistischen Kern zurück. Mit wohldosierter Säure, spürbaren Tanninen, die einen leicht trocknenden Charakter haben, einer tiefgründigen, leicht kreidigen Mineralität und einer kräutig-herben Bitternote. Das alles hallt noch lange am Gaumen nach und macht unbändige Lust auf den nächsten Schluck …
Yook vom vinocentral-Team, August 2020
Verkostungsnotiz des Jahrgangs 2021:
Schwer zu sagen, wer in der Cuvée den Ton angibt? Der Pinot blanc durfte eine spontane Ganztraubengärung in der Amphore durchlaufen und wurde dann in großen 1000-Liter-Fässern weiter vergoren, um danach noch etwas auf der Vollhefe zu reifen. Der Sauvignon Blanc stand nach der Ganztraubenpressung für zehn Monate auf der Vollhefe in halb so großen 500-Liter-Fässern. Verschnitten wurden die beiden Weine erst kurz vor der Abfüllung.
Jeder für sich schon ein Unikat. Doch keiner von beiden dominiert hier. Vielmehr ergeben sie zusammen einen saftigen, komplett trockenen, aromatischen und harmonischen Weißwein.
Dezente Zitrusnoten und Holunderblüten zu Beginn, gefolgt von frischen Wiesenkräutern. Kühl und steinig, mineralisch im Abklang, mit viel Zug von einer frischen, animierenden Säure. Unbedingt zu sommerlicher Caprese mit Burrata oder Büffelmozzarella, getoppt von einem würzigen Olivenöl, probieren.
Robert Frey vom vinocentral-Team, Mai 2022
Vielen „seriösen“ Weintrinker*innen sind die sogenannten Aromarebsorten wie die verschiedenen Muskateller suspekt. Mit ihrem intensiven, manchmal fast parfumartigen Bukett werden sie allzu gerne in restsüßen Kitsch verwandelt. In Österreich verhält sich das heute generell etwas anders und was Johannes Zillinger im Rahmen seiner Premiumweine, der Numen-Serie, hier auf die Flasche bringt, dürfte auch erklärte Muskateller-Gegner keinesfalls kalt lassen.
Johannes Zillinger widmet sich seit einigen Jahren dem biodynamischen Weinbau und mittlerweile auch ausschließlich dem möglichst natürlichen Ausbau – ohne Zusatzstoffe, Schönung, Filtration oder ähnliche önologische Eingriffe. Bei der Serie „Numen“ arbeitet er im Keller mit Intrazellulärer Gärung und dem Ausbau in Tonamphoren. Die Muskateller-Trauben für diesen Wein stammen von den ältesten Parzellen der Zillingers in den Rieden Steinthal und Hohes Eck. Selektive Handlese, Beginn der intrazellulären Spontangärung mit den intakten Trauben, danach für zehn Tage auf der Maische in 500-l-Amphoren. Ausbau für zehn Monate in großen alten Akazienholzfässern – also ohne Einfluss der Holzaromatik. Nur minimale Schwefeldosis vor der Füllung. Leichte Trübung im Glas. Im üppigen, dennoch nicht penetranten Bukett finden sich Grapefruit und Limettenzesten, gelbe exotische Frucht und die typische Muskatwürze. Im Mund schlank, rassig, mit ausgeprägter Tanninstruktur, vitaler Säure, aber auch Schmelz im langen mineralischen, leicht herben und salzigen Finish.
Yook & Neser vom vinocentral-Team, Februar 2023